Verfolgung von syrischen und russischen Völkerrechtsverbrechen in Österreich | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Verfolgung von syrischen und russischen Völkerrechtsverbrechen in Österreich

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Wien (OTS) – Die Menschenrechtsorganisation CEHRI – Centre for the Enforcement of Human Rights International schließt sich der entschiedenen Verurteilung der von der Russischen Föderation begangenen Aggressionshandlungen, Kriegsverbrechen und weiterer schwerer Verletzungen des Völkerrechts in der Ukraine an.

CEHRI begrüßt die Absicht des Justizministeriums, die Verfolgung von in der Ukraine begangenen russischen Kriegsverbrechen in Österreich nunmehr umzusetzen.

Das BMJ hat einen Erlass angekündigt, der die Fallkonstellationen zur bereits bestehenden Zuständigkeitsnorm § 64 Abs. 1 4c lit. b StGB präzisieren soll.

Generell ergibt sich die Zuständigkeit der österreichischen Justiz bei Auslandstaten aus den §§ 64, 65 StGB, welche unter anderen an die Staatsbürgerschaft oder den Aufenthalt des Täters anknüpfen.

Wenn sich der Täter nicht in Österreich aufhält und auch keine andere Fallkonstellation die Zuständigkeit Österreichs begründet, gelten gem. <a>§ 64 Abs. 1 4c lit b StGB</a> österreichische Strafgesetze unabhängig von den Strafgesetzen des Tatorts für im Ausland begangene Völkerstraftaten, wenn durch die Tat österreichische Interessen verletzt worden sind. Die Verletzung österreichischer Interessen ergibt sich dabei nicht bereits aus der Tatbestandsverwirklichung, sondern muss im Einzelfall festgestellt werden.

Es wird festgehalten, dass Völkerrechtsverbrechen grundsätzlich die Interessen aller Staaten, einschließlich Österreichs verletzen. Dazu besteht als weiterer Anhaltspunkt ein Naheverhältnis, wenn das Opfer in Österreich lebt oder leben soll und der Aufenthalt des Opfers in Österreich auf eine strafbare Handlung iSd § 64 Abs 4 c StGB zurückzuführen ist.

Vor diesem Hintergrund hat CEHRI gemeinsam mit drei weiteren NGO’s bereits 2018 Strafanzeigen bei der Staatsanwalt Wien für nach Österreich geflüchtete Folteropfer eingebracht. Die schweren Vorwürfe und Beweise der Opfer beziehen sich dabei auf nach wie vor im Tatortstaat Syrien aufhältige Täter.

Im Zusammenhang mit der syrischen Flüchtlingskrise sprachen die Vereinten Nationen von „der großen Tragödie des Jahrhunderts“. Tatsächlich handelt es sich um den größten Massenexodus seit dem Völkermord in Ruanda 1994.[1]

Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahre 2011 ist die Zahl der Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen in Österreich kontinuierlich gestiegen. Seit 2011 sind mehr als 6,8 Millionen Menschen aus Syrien geflüchtet.[2]

Die Tatsache, dass Österreich syrischen Flüchtlingen Asylstatus gewährt, entspricht den völkerrechtlichen Verpflichtungen und stellt auch rechtspolitisch die einzige mögliche Antwort auf den Bürgerkrieg in Syrien dar. Österreich nimmt zudem seine Verpflichtungen gegenüber der aus Syrien vertriebenen Bevölkerung wahr, indem zahlreiche Maßnahmen zur Integration umgesetzt werden.

Justizministerin Alma Zadic hat zum Thema Kriegsverbrechen in der Ukraine festgestellt, dass man „bestätigen kann, dass die österreichischen Interessen verletzt sind, wenn viele Flüchtlinge nach Österreich kommen.“

Überdies hat die Ressortchefin verlauten lassen, dass sie für die Strafverfolgung von Völkerstraftaten bei der Staatsanwaltschaft zusätzliche personelle Ressourcen zur Verfügung stellen werde.

CEHRI begrüßt die Erfüllung dieser langjährigen Forderung.

Es bleibt zu hoffen, dass mit der angekündigten Regelung und der damit verbundenen personellen Aufstockung nun auch jene syrischen Opfer vernommen werden, die bereits 2018 ihre Folterungen per Strafanzeige den österreichischen Justizbehörden mitgeteilt haben.

Unabhängig von der Auslegung des § 64 Abs 1 Z 4 c StGB und der damit verbundenen Zuständigkeit der österreichischen Staatsanwaltschaft, ergibt sich die Pflicht zur Vernehmung der syrischen und der ukrainischen Folteropfer bereits aus Art. 14 der UN-Antifolterkonvention.[3] Art. 14 der UN-Antifolterkonvention sieht vor, dass das Opfer einer Folterhandlung Wiedergutmachung erhält und u.a, eine möglichst vollständige Rehabilitation erfährt. Davon umfasst ist das Recht des Folteropfers auf Anhörung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft – ein Recht, das sogar im Vertragsstaat nur vorübergehend aufhältige Flüchtende haben.

Der Erlass, der die Anwendung des § 64 Abs. 1 4c lit b StGB dahingehend konkretisieren wird, dass eine große Anzahl von Flüchtlingen in Österreich einen Anknüpfungspunkt unter dem Titel der Verletzung österreichischer Interessen bewirkt, bestätigt eine bereits bestehende Rechtslage.

CEHRI unterstreicht vor diesem Hintergrund ausdrücklich, dass es bei der Verfolgung von Völkerstraftaten keine Unterscheidung nach dem Herkunftsstaat der Flüchtlinge und der Verbrechen gemäß § 64 Abs. 1 4c geben darf.

CEHRI weist zusätzlich darauf hin, dass durch die unglückliche Formulierung, dass Flüchtlingsströme nach Österreich österreichische Interessen verletzen, einer fremdenfeindliche Haltung Vorschub geleistet wird. Diese Problematik kann durch eine wörtliche Auslegung des § 64 Abs. 1 4c entkräftet werden, indem die Verletzung österreichischer Interessen an die verübten Völkerrechtsverbrechen geknüpft werden, die wiederum Auslöser und Bedingung für die Flucht nach Österreich sind.

* * *

[1]

[https://www.ots.at/redirect/diepresse9]
(https://www.ots.at/redirect/diepresse9)

[2] [https://www.unrefugees.org/refugee-facts/statistics/]
(https://www.unrefugees.org/refugee-facts/statistics/)

[3] Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984.

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