Klaus Albrecht Schröder zum Ableben von Hermann Nitsch: „Ein Gigant der Kunst“ | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Klaus Albrecht Schröder zum Ableben von Hermann Nitsch: „Ein Gigant der Kunst“

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Wien (OTS) – Mit großem Bedauern nimmt Klaus Albrecht Schröder das Ableben von Hermann Nitsch zur Kenntnis: „Mit Hermann Nitsch verliert Österreich einen der größten Künstler unserer Zeit. Sein beispielloser Einfluss reicht weit über die Grenzen unseres Landes hinaus. Nitschs ästhetische Vision mündete früh in die Idee des Gesamtkunstwerks. Damit hat Hermann Nitsch die Kunst nicht nur revolutioniert, sondern auch die Tore zur Aktion, zur Performance, schließlich zum modernen Weihespiel des Orgien-Mysterien-Theaters geöffnet“, so ALBERTINA-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder.

Begründer des Wiener Aktionismus

Hermann Nitsch zählt zu den bedeutendsten Künstlern seiner Zeit. Als Begründer des Wiener Aktionismus ließ er Malerei und Kunst in völlig neuen Dimensionen erleben: Die Einbindung des Publikums und der Prozess des Schaffens standen dabei immer im Vordergrund. Für Hermann Nitsch stellte die Malerei eine der Disziplinen seines Orgien Mysterien Theaters dar. Damit war er wegweisend, da seine aktionistische Malerei damit zutiefst in Aktionismus, Performance und Multimedialität verankert ist.

„Hermann Nitsch war jahrzehntelang vor allem ein Künstler für Künstler. Vom offiziellen Österreich viele zu lange geschmäht, hat er schließlich mit großer Befriedigung sein eigenes Museum in Niederösterreich erhalten, in dem sich wie an keinem anderen Ort Nitschs Vorstellung von Kunst als einem alle Sinne aktivierenden Ereignis studieren lässt. Gleichberechtigt treten der Geruchs- und Geschmackssinn neben die Macht des Auges. Und die aus der Idee des Gesamtkunstwerks von Nitschs Orgien-Mysterien-Theater nicht herauszulösende, nie zuvor gehörte Musik macht deutlich, dass Hermann Nitsch zurecht auch als Komponist sich unauslöschlich in die Geschichte der zeitgenössischen Musik eingeschrieben hat“, so Schröder.

Kunst als Ritual

Nitschs zentrales Anliegen ist es, mit seinem Werk reales Geschehen zu inszenieren, dabei alle Sinne anzusprechen sowie Wahrnehmung und Erleben zu intensivieren. Es gilt, durch diesen „Daseinsrausch“ die Existenz des Menschen in der Welt zu festigen. Sein Theater sollte ekstatisch-exzessiv die Grenzen der Kunst überwinden, Kunst und Leben eins werden lassen.

„Mit der Rückgewinnung des Rituals und des Mythos für die Kunst, mit der Idee des Gesamtkunstwerks ist Hermann Nitsch längst zu einem Fixstern der jüngeren Kunstgeschichte geworden. Auch äußerlich eine ikonische Figur, die nur mit der Bekanntheit von Andy Warhol und Joseph Beuys verglichen werden kann, lässt allzu leicht vergessen, dass wir mit Hermann Nitsch einen großartigen Menschen verlieren, dessen Charakterstärke, Weisheit und Humanismus ein Vorbild für Generationen sein kann: weit über die Kunst hinaus“, erläutert Schröder.

Auch in seiner Gewichtung auf den Prozess und der Interaktion mit dem Publikum wird Nitschs Werk als bahnbrechend und hochaktuell in Erinnerung bleiben: Dem Künstler ging es nicht darum, etwas abzubilden, nicht um das Resultat an sich, sondern vielmehr um den Prozess des Malens, an dem Nitsch in seinen Malaktionen auch sein Publikum teilhaben ließ. Das Erfahren der Farbe mit allen Sinnen, die „Substanzsinnlichkeit“ wie er es nannte, geht vom Künstler und seinen MitakteurInnen auf das Publikum über. Doch auch im Anschluss bleibt der Entstehungsprozess in den Bildern sichtbar und nachvollziehbar, körperlich nachspürbar: Nitschs Arbeiten zeichnen sich durch die Notwendigkeit der körperlichen Erfahrung aus.

Bedeutendste Nitsch-Sammlung in der ALBERTINA

„Dank der gegenseitigen Wertschätzung und Freundschaft hat die Familie Essl die weltweit bedeutendste und umfangreichste Sammlung von Werken Hermann Nitschs geschaffen. Diese Sammlung ist heute nach der Schenkung der Familie Essl im Besitz der Albertina: Wir zählen diese Werke zu den größten Schätzen unseres Museums. Erst zum Jahreswechsel war ich wieder einmal von Hermann und Rita Nitsch zu einem ausgiebigen Mittagessen nach Prinzendorf eingeladen. Obwohl Hermann Nitsch schon von der Krankheit gezeichnet war, hat er es sich nicht nehmen lassen und sich auf einige Stunden aus dem Spital in sein Schloss bringen lassen, um über das zu sprechen, was sein Leben ausgemacht hat: die allumfassende Kunst. Eine Kunst, die im Stande ist, den Menschen zu befreien, von jener Drangsal, die ihm mit der Geburt widerfährt und der Last, um die eigene Endlichkeit zu wissen. Nitschs Arbeit am Mythos von Geburt und Tod, von Opfer und Erlösung, ist der Kern seiner Kunst, der unvergessen und brisant das Ableben dieses großen Menschen für immer überdauern wird“, gedenkt Schröder dem wichtigen Künstler.

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