TIROLER TAGESZEITUNG, Analyse vom 22. Januar 2021 von Karin Leitner „Das exponentielle Wachstum des Egoismus" | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

TIROLER TAGESZEITUNG, Analyse vom 22. Januar 2021 von Karin Leitner „Das exponentielle Wachstum des Egoismus“

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Innsbruck (OTS) – Aufeinander zu achten, einander zu unterstützen – das war zu Beginn der Corona-Krise die Parole. Viele Bürger sind ihr gefolgt. So halfen Junge älteren Nachbarn. Zu viele scherten sich aber von Anfang an nicht um die Bedürfnisse anderer. Gehamstert wurden, dem Jäger- und Sammlertrieb folgend, Lebensmittel und Klopapier nach dem Motto: Hauptsache ich habe genug. Gleiches gilt nun für die FFP2-Masken, die neuerdings in Supermärkten zu haben sind.
Auch andernorts haben die Ich-AGs, die Ellbogentechniker Hochsaison. Ein Beispiel, das eine generelle Einstellung zeigt: Auf schmalem Trottoir gehen sie daher, auch zu zweit oder zu dritt, breitbeinig, die oder der Entgegenkommende muss ausweichen, selbst wenn er noch so viel zu tragen hat – weil jene, die sich als Mittelpunkt des Universums wähnen, nicht einen Millimeter weichen. Kein Abstand, kein Anstand. Sie sehen sich wohl im vermeintlichen Recht des Stärkeren. Ebenfalls in diese Kategorie fallen jene Ortschefs, die sich vorgedrängt haben – bei den Impfungen wider das Virus. Just solche, die für das Wohl von Bürgern sorgen sollen, enthalten ihnen Vakzindosen vor. Dass der Stoff für Alte und Kranke notwendiger ist als für sie, scheint ihnen egal zu sein. Hauptsache ich – auch hier die Devise.
Die Rücksichtslosesten sind freilich die Corona-Verharmloser, die maskenlos zu Tausenden dicht an dicht demonstrieren. Dass sie dazu beitragen, dass die Infektionszahlen nach wie vor zu hoch sind, dass sie Menschen zum Verzweifeln bringen, die sich seit Monaten an die Vorgaben halten – wurscht. Hauptsache ich.
Nicht die Pandemie hat Leute so werden lassen; was nicht in einem drinnen ist, kommt nicht aus einem heraus. Verstärkt sind derlei Charakterzüge ob der neuen Situation aber worden.
Die Hoffnung war groß, dass das Virus bei allem Schlechten, das es gebracht hat, auch etwas Gutes bewirkt. Reflexion, die Erkenntnis, was wichtig ist, Verhaltenswandel der Egomanen. Diese Hoffnung ist gewichen.

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