Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 29. Dezember 2020. Von PETER NINDLER. "Nicht gut gelaufen, aber unangefochten". | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 29. Dezember 2020. Von PETER NINDLER. „Nicht gut gelaufen, aber unangefochten“.

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Innsbruck (OTS) – Die ÖVP von LH Günther Platter büßte heuer deutlich an Vertrauen ein, das Image Tirols hat auch durch VP-Politiker massiv gelitten. Doch auf die Partei schlägt das noch nicht durch, weil sie nach wie vor von der Schwäche der Opposition profitiert.

Wer Ende 2020 davon ausgeht, dass Anfang 2023 regulär in Tirol gewählt wird, irrt vielleicht. Denn im Winter wählt die Politik nur ungern, noch dazu müssen die Parteien schon zu Jahresbeginn 2022 bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen mobilisieren. Es spricht also vieles dafür, dass die Landtagswahlen auf Herbst 2022 vorgezogen werden. So gesehen könnte VP-Chef und Landeshauptmann Günther Platter mit dem aktuellen TT-Politbarometer und 43 Prozent für seine Tiroler VP zufrieden sein.
Denn gut gelaufen ist es im Corona-Jahr politisch für die ÖVP nicht:
Das Ischgl-Krisenmanagement, der Misstrauensantrag gegen Gesundheits-LR Bernhard Tilg oder die Luder-Entgleisung von Platters engstem Vertrauten LHStv. Josef Geisler erschütterten nicht nur die Landespolitik, sondern besonders die ÖVP. Plötzlich zeigt man außerhalb mit dem Finger auf Tirol, das Image des Landes, das die ÖVP nach wie vor gerne mit „Wir Tiroler“ verknüpft, hat massiv gelitten. Und leidet nach wie vor, wenn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stichelt, dass halb Europa von Ischgl aus mitinfiziert worden sei. Oder sich die Tiroler Politik erneut einer Sexismusdebatte stellen muss.
Der Vertrauensverlust zieht sich generell durch die Parteien, doch vor allem die ÖVP büßt in der Einschätzung der Bevölkerung deutlich an Lösungskompetenz ein. Die sie bei der Bewältigung der Corona-Folgen oder der Überzeugungsarbeit für die Impfung freilich dringend benötigen würde. Trotzdem: Das alles schlägt noch nicht auf die Bereitschaft durch, die Partei zu wechseln. Weil womöglich die Alternativen fehlen.
Die Grünen stagnieren, Corona überschattet alles – selbst den Kampf gegen den Klimawandel. Damit machte die Ökopartei im Vorjahr Meter gut, gleichzeitig erweist sie sich als loyaler Koalitionspartner für die ÖVP. In guten wie in schlechten Zeiten. Warum also Schwarz für Grün aufgeben?
Und für die SPÖ? Parteivorsitzender Georg Dornauer schwor sie gerade in der Corona-Krise auf einen Frontalangriff ein: auf die ÖVP und Platter. Dornauer ist aber noch meilenweit von seinem Ziel entfernt, die SPÖ in Tirol über 20 Prozent zu etablieren. Vielleicht, weil er selbst der Bremsklotz dafür ist und wenig Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Die FPÖ befindet sich nach Ibiza noch in der Findungsphase, einzig die NEOS könnten von Abschlägen in der ÖVP profitieren. Allerdings auf niedrigem Niveau.
Mitunter ist die Schwäche der Opposition Platters Glück. Das politisch Gefährliche an dieser Situation: Man übersieht dabei leicht die eigenen schwarzen Defizite.

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