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Wenn jede Minute zählt: Wie Psychotherapie bei Suizidgefahr hilft

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Wien (OTS) – „Lebensmut machen“. Auf diese kurze Formel kommt es an, wenn die seelische Not für Betroffene unerträglich wird, sagt Wolfgang Schimböck, Vizepräsident des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (ÖBVP). In solchen Fällen gilt es, „Barrieren wegzuräumen und möglichst rasch erste Hilfe zu ermöglichen.“ Der Welttag der Suizidprävention am 10. September sollte daher genutzt werden, um psychische Erkrankungen zu enttabuisieren und Hürden wie lange Wartezeiten beim Zugang zu Psychotherapie abzubauen, unterstreicht der ÖBVP.

In Österreich sterben beinahe dreimal soviele Menschen an Suizid wie im Straßenverkehr. Der jüngste offizielle Bericht zu Suizid und Suizidprävention in Österreich weist 1.209 Todesfälle im Jahr 2018 aus – mehr als drei Viertel davon sind Männer. Außerdem steigt das Risiko mit zunehmendem Alter: In der Gruppe der 75- bis 79-Jährigen ist es fast zweieinhalbmal, in der Altersgruppe der 85- bis 89-Jährigen fast fünfmal so hoch wie das der Durchschnittsbevölkerung, hält der Bericht des Sozialministeriums fest. Schimböck dazu: „Hier spielen mehrere Faktoren zusammen:
Krankheit, ein Freundeskreis, der vielleicht immer kleiner wird und in der Folge zunehmende Einsamkeit.“

Sowohl im privaten Umfeld als auch auf gesundheitspolitischer Ebene gibt es wirksame Möglichkeiten, um rechtzeitig präventiv gegenzusteuern. Gerade in Zeiten wie diesen, wo die Corona-Pandemie die Menschen seit Monaten auf unterschiedlichste Weise psychisch besonders fordert.

Mythen und Fakten zum Suizid

Den Angehörigen kommt in diesen Extremsituationen eine besondere Rolle zu: „Wenn der Suizid angekündigt wird, dann findet er nicht statt. Das ist ein weit verbreiteter Mythos“, warnt Schimböck. Das unmittelbare Umfeld kann schon durch Zuhören wertvolle Hilfe leisten, wenn Gefahr droht. Der renommierte Psychiater und Ärztliche Direktor des Landeskrankenhauses Hall in Tirol, Prim. Christian Haring, erklärt: „Fragen, überzeugen, vermitteln – nach diesem Muster sollte vorgegangen werden. Wichtig ist, dass man sich erkundigt, wie es der betroffenen Person geht und wenn möglich andere Menschen einbezieht -also ein Team bildet.“

Dass Männer in den Statistiken deutlich in der Überzahl sind, führt Schimböck darauf zurück, dass sie nach wie vor keine Gefühle zeigen sollen oder wollen. „Hier gilt oft noch das alte Sprichwort:
Ein Indianer weint nicht.“ Was die ältere Generation angeht, begrüßen beide Experten die jüngsten Initiativen der Regierung gegen Alterseinsamkeit verbunden mit entsprechenden Vorkehrungen in Zeiten der Corona-Krise. „Ältere Menschen, insbesondere Witwer und Personen mit einer psychischen Grunderkrankung sind besonders gefährdet“, sagt Haring.

Weitere Akzente zur besseren Versorgung der Bevölkerung müssten jedenfalls folgen. Dazu gehört das Aufstocken kassenfinanzierter Psychotherapieplätze mit dem Ziel, die Kontingentierung abzuschaffen. Schimböck: „Viele psychisch Kranke sind auch wirtschaftlich nicht auf die Butterseite gefallen. Es muss möglich sein, dass die Betroffenen rasch und unbürokratisch zu einem Kassenplatz kommen. Es ist daher notwendig, dass der von ÖGK-Obmann Andreas Huss nach dem Vorbild Salzburg eingeleitete Ausbau der Psychotherapie auf Krankenschein zügig vorangetrieben wird. Was wir brauchen ist mehr Psychotherapie – jetzt.“

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