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Bundesrat billigt Sozialversicherungspaket für bäuerliche Betriebe

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Wien (PK) – Das von der Regierung geschnürte Sozialversicherungspaket für bäuerliche Betriebe hat heute Abend den Bundesrat passiert. Die Mitglieder der Länderkammer stimmten mehrheitlich dafür, keinen Einspruch gegen den entsprechenden Gesetzesbeschluss des Nationalrats zu erheben, der das Budget des Bundes bzw. die Sozialversicherung mit insgesamt rund 27 Mio. € jährlich belasten wird. Zum Maßnahmenbündel gehören unter anderem eine ersatzlose Abschaffung des im BSVG-Pensionsrecht verankerten Solidaritätsbeitrags von 0,5%, die Reduzierung des sogenannten „fiktiven Ausgedinges“, die Senkung der Mindestbeitragsgrundlage im Bereich der Krankenversicherung und pensionsrechtliche Verbesserungen für Kinder von LandwirtInnen, die hauptberuflich am Hof mitarbeiten. Die Bestimmungen sollen grundsätzlich rückwirkend mit Jahresbeginn in Kraft treten.

Einhellig unbeeinsprucht blieben Änderungen im Alterssicherungskommissions-Gesetz, im Pensionsgesetz und im Ärztegesetz. Dabei geht es unter anderem um eine Fristverlängerung für das erste Langfristgutachten der Alterssicherungskommission, einen vorübergehend verlängerten Anspruch auf Waisenpension bei Corona-bedingter Ausbildungsverzögerung und geänderte Bestimmungen in Bezug auf die Führung der Ärzteliste. Wegen Widerstands von SPÖ und FPÖ nicht auf die Tagesordnung kam hingegen die geplante neuerliche Preisbandregelung für wirkstoffgleiche Medikamente – die entsprechende ASVG-Novelle kann damit voraussichtlich erst im September im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden.

Hilfen für bäuerliche Betriebe: SPÖ vermisst Gerechtigkeit

Ablehnend zum Entlastungspaket für bäuerliche Betriebe äußerte sich die SPÖ. Es gehe nicht um „Bauern-Bashing“, betonte Günter Kovacs (SPÖ/B), seiner Meinung nach wird hier aber eine bestimmte Gruppe bevorzugt. So würden die Hilfen für Bauern und Bäuerinnen sogar rückwirkend wirksam, während unzählige Forderungen der SPÖ – etwa nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes, einer Arbeitsfreistellung von Menschen mit besonders gefährdeten Angehörigen oder einer Einrichtung eines mit 100 Mio. € dotierten Sozialfonds für die ärmsten 20% der Bevölkerung – abgelehnt wurden. „Wir können diese Schieflage nicht einreißen lassen“, meinte Kovacs. Es brauche Gerechtigkeit für alle Menschen in Österreich. Der SPÖ-Bundesrat wies zudem darauf hin, dass PensionistInnen von der Corona-Krise finanziell kaum betroffen seien.

Auf Unverständnis stieß Kovacs mit seiner Argumentation bei ÖVP und Grünen. So gab Andreas Lackner (Grüne/St) zu bedenken, dass mehr als 80% der Bauern und Bäuerinnen Niedrig- und Niedrigstpensionen beziehen. Mit der Senkung des „fiktiven Ausgedinges“ werde die Ausgleichszulage nun von 841 € auf 870 € erhöht, das könne man doch niemandem neidig sein, meinte er. Zumal der Betrag weiter unter der ASVG-Mindestpension liege. Lackner sieht die Änderungen zudem als richtigen und logischen Schritt in Richtung eines einheitlichen Pensionssystems, auch der bisher eingehobene Solidaritätsbeitrag sei „ein Unding“ gewesen.

Auch Peter Raggl (ÖVP/T) wies den Vorwurf der Klientelpolitik zurück. Für ihn stellt sich vielmehr die Frage, warum das sozialpolitische Gewissen der SPÖ für Bauern und Bäuerinnen nicht gelte. Ihm zufolge wird die Streichung des Solidarbeitrags niedrige Pensionen lediglich um 4 € pro Monat erhöhen, dazu kämen 32 € mehr Pension durch die Senkung des fiktiven Ausgedinges. Es gebe kaum eine Berufsgruppe, die so viel arbeite und so wenig Pension bekomme, ergänzte sein Salzburger Parteikollege Severin Gfrerer.

Seitens der FPÖ sprach sich der Wiener Bernhard Rösch für eine ersatzlose Streichung des fiktiven Ausgedinges aus, konnte sich mit einem entsprechenden Entschließungsantrag aber nicht durchsetzen.

Sozialminister Anschober sieht Paket als Maßnahme zur Armutsbekämpfung

Verteidigt wurde das Entlastungspaket für bäuerliche Betriebe auch von Sozialminister Rudolf Anschober. Ihm als Sozialminister sei es wichtig, Armut etwas entgegenzuhalten, egal wo diese Armut sei, sagte er. Zudem habe das Ausgedinge mit der Gegenwart nichts mehr zu tun.

Klar ist für Anschober aber auch, dass es weiterer Schritte bedürfe, um die Auswirkungen der Corona-Krise abzufedern. „Wir haben noch einen großen, breiten Weg vor uns“, meinte er und zeigte sich zuversichtlich, dass es nicht bei den schon gesetzten Schritten -etwa der Aufstockung der Notstandshilfe, der Einmalzahlung für Arbeitslose und Leistungen für Familien – bleiben wird.

Es brauche „große Konjunkturpakete“, um aus der gegenwärtigen Situation wieder herauszukommen. Anschober sprach sich überdies für eine Umstellung der EU-Agrarförderungen und gerechte Preise in der Landwirtschaft aus.

Im Rahmen der Diskussion über die Novelle zum Ärztegesetz stimmte der Bundesrat auch über einen Entschließungsantrag der FPÖ betreffend gesundheitspolitische Initiativen zur Stärkung des niedergelassenen Bereichs ab, der jedoch keine Mehrheit fand. Unter anderem geht es der FPÖ um die Einrichtung eines Facharzts für Allgemeinmedizin, mehr Medizin-Studienplätze für ÖsterreicherInnen, die Förderung von Lehrpraxen bei ÄrztInnen und ein liberaler Zugang zu Kassenverträgen. (Schluss Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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