Nationalrat gibt grünes Licht für internationale Abkommen: Geldwäsche, Strafvollzug, Armenien, OPEC-Fonds, Lateinamerika | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Nationalrat gibt grünes Licht für internationale Abkommen: Geldwäsche, Strafvollzug, Armenien, OPEC-Fonds, Lateinamerika

0 225

Wien (PK) – Zahlreiche internationale Abkommen sowie Entschließungen standen heute auf der Tagesordnung des Nationalrats. Dabei ging es um die unterschiedlichsten Bereiche – angefangen von einer verstärkten Zusammenarbeit mit Armenien sowie einer Änderung im Amtssitzabkommen zwischen Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung, über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke und die Überstellung verurteilter Personen bis hin zu Änderungen im Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation und zum Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche. Außerdem lag das Übereinkommen zur Errichtung der Internationalen EU-LAK-Stiftung vor. All diese Vorlagen des Außenministers erhielten einhellige Zustimmung.

Außenminister Alexander Schallenberg begrüßte es ausdrücklich, dass auch in Corona-Zeiten derartige Materien diskutiert werden. „Außenpolitik bleibt bestehen“, sagte er, das Außenministerium sei immer wachsam für die Entwicklungen in der Welt. Gudrun Kugler von der ÖVP bekräftigte dies ihrerseits und meinte, derartige internationale Abkommen und Verträge zeigten, wie groß die internationale Verflechtung ist und wie gut sich Wien als Standort internationaler Organisationen entwickelt hat. Angesichts der immer angespannteren Situation in der Welt sei es essentiell, den internationalen Dialog zu fördern und die Demokratien weltweit zu stärken, ergänzte Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), die auch auf die lange Tradition Österreichs hinwies, den internationalen Dialog zu pflegen. Ebenso unterstrich Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) die Relevanz internationaler Kooperation.

Aber auch die Abgeordneten wandten sich in Entschließungsanträgen mit Anliegen an die Bundesregierung, bzw. an den Außenminister. So sollen die humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit substantiell aufgestockt werden. Zudem sprach sich der Nationalrat angesichts der katastrophalen Flüchtlingssituation mehrheitlich für Sofortmaßnahmen für Syrien und Griechenland aus.

In der Debatte eingebracht wurden zwei Anträge zum Schutz von intergeschlechtlichen und trans*Personen. Angenommen wurde jener der türkis-grünen Koalition. Es gehe darum, Minderheiten zu schützen und sich dafür auf EU-Ebene, aber auch auf bilateraler und multilateraler Ebene einzusetzen, betonte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). Jener der SPÖ erhielt keine Mehrheit. Harald Troch (SPÖ) kritisierte, dass die Koalition nicht bereit sei, konkret auszusprechen, wer Menschenrechte verletzt. „Die bösen Buben werden wieder nicht beim Namen genannt“, sagte er und meinte damit explizit Ungarn und dessen Ministerpräsidenten Victor Orban.

EU und Europäische Atomgemeinschaft wollen Zusammenarbeit mit Armenien intensivieren

Mit dem Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft mit der Republik Armenien wollen die Europäische Union und die Europäische Atomgemeinschaft die Zusammenarbeit u.a. in den Bereichen Energie, Verkehr, Umweltschutz und Klimawandel intensivieren. Insbesondere sollen mit dem Abkommen bessere Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der Handels- und Investitionsbeziehungen geschaffen werden. Die EU ist für Armenien neben Russland der wichtigste Handelspartner. Die Zustimmung erfolgte einhellig.

Auf die seit vielen Jahren guten bilateralen Beziehungen zu Armenien wies Gudrun Kugler (ÖVP) als Vorsitzende der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe Österreich – Südkaukasus hin. Das Land habe nach der „sanften Revolution“ große Fortschritte etwa im Bereich Demokratie, Menschenrechte, Unabhängigkeit der Justiz und Bekämpfung der Korruption gemacht, war sie einer Meinung mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Beide begrüßten vor allem das Ziel des Abkommens, die Demokratie in dem Land zu stärken. Rendi-Wagner sprach dabei von einem „starken Symbol“. Kugler erinnerte auch daran, dass der Nationalrat in einer gemeinsamen Erklärung den Völkermord an der armenischen Bevölkerung während des Ersten Weltkriegs anerkannt hat.

Änderung im Amtssitzabkommen zwischen Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung

Durch die Änderung im Amtssitzabkommen zwischen Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung (OFID) wird das Übereinkommen auf einen aktuellen Stand gebracht. Die mit einem Änderungsprotokoll vorgenommenen Anpassungen orientieren sich an den Standards der jüngeren Amtssitzabkommen, die Österreich mit anderen vergleichbaren internationalen Organisationen wie zum Beispiel der OSZE geschlossen hat und gehen nicht über die darin gewährten Privilegien und Immunitäten hinaus. Auch hier gab es bei der Abstimmung keine Gegenstimme.

Außenminister Alexander Schallenberg unterstrich die Bedeutung von ansässigen internationalen Organisationen. Sie würden Österreich rund 1,3 Mrd. € bringen, 10.000 Arbeitsplätze schaffen und dazu führen, dass internationale Schulen errichtet werden, was wiederum Wien für internationale Unternehmen attraktiv mache.

Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) bekräftigte ihrerseits die Wichtigkeit der Ansiedlung internationaler Organisationen als Anziehungspunkt für den internationalen Dialog. Auch im Namen der SPÖ trat Pamela Rendi-Wagner dafür ein, Wien als Sitz internationaler Organisationen zu fördern.

Axel Kassegger (FPÖ) stellte in diesem Zusammenhang die Befürchtung in den Raum, dass das König Abdullah Zentrum in Wien die gleichen Privilegien zugestanden bekommt wie andere internationale Organisationen, was der Außenminister ausdrücklich verneinte.

Raschere Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen

Des Weiteren ratifizierte der Nationalrat einstimmig das Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen, kurz Zustellübereinkommen. Dadurch sollen künftig die Übermittlungswege vereinfacht und beschleunigt werden, wenn ein gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück in einem anderen Vertragsstaat des Übereinkommens zugestellt werden muss. Schriftstücke können dadurch hauptsächlich über eine „Zentrale Behörde“ weitergeleitet werden, die die Zustellung bewirkt oder veranlasst. Die Regierung erwartet sich davon Erleichterungen bei grenzüberschreitenden Zustellungen im Verhältnis zu Nicht-EU-Staaten und in der Folge insbesondere eine Beschleunigung von Gerichtsverfahren sowie eine Aufwandsersparnis.

Änderungen im Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation

Eine Reduktion des Mitgliedsbeitrags vonseiten der Türkei macht Änderungen im Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation (ECO) zwischen den Vertragspartnern notwendig. Der österreichische Beitrag in der Höhe von 87.000 € bleibt unverändert. Die Vorlage wurde mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.

Überstellung verurteilter Personen in den Heimatstaat wird erleichtert

Durch die einstimmig erfolgte Ratifikation des entsprechenden Änderungsprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen werden die Möglichkeiten der Überstellung in den Heimatstaat zum weiteren Strafvollzug unabhängig von der Zustimmung des Betroffenen ausgedehnt. Neu ist nun auch eine Frist von grundsätzlich 90 Tagen für Entscheidungen über Ersuchen des Vollstreckungsstaates um Zustimmung zur Verfolgung der verurteilten Person auch wegen einer anderen Straftat als derjenigen, die der zu vollstreckenden Strafe zugrunde liegt.

Europaratsübereinkommen deckt erstmals Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ab

Mit einhelliger Unterstützung hat der Nationalrat überdies das Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus genehmigt. Laut den Erläuterungen zum Übereinkommen handelt es sich dabei um den ersten internationalen Vertrag, der sowohl die Prävention als auch die Bekämpfung von Geldwäsche und von Terrorismusfinanzierung abdeckt. Neben Einziehungsmaßnahmen und Geldwäschetatbeständen regelt er u.a. auch Mindeststandards für das Einfrieren, die Beschlagnahme und die Einziehung bestimmter Vermögenswerte sowie Ermittlungsbefugnisse hinsichtlich Konten und Bankgeschäften.

Internationale Stiftung der EU und der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten wird internationale Organisation

Schließlich unterstützten alle Fraktionen das Übereinkommen zur Errichtung der Internationalen EU-LAK-Stiftung. Das Übereinkommen wurde 2016 beim Außenministertreffen der Europäischen Union und der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (CELAC) von 47 Vertragsparteien unterzeichnet und soll die Errichtung der EU-LAK-Stiftung als internationale Organisation mit Rechtspersönlichkeit nach dem Völkerrecht ermöglichen. Die EU-LAK-Stiftung wurde 2011 als deutsche Stiftung des bürgerlichen Rechts gegründet. Nachdem dadurch viele Mitgliedsländer keine finanziellen Beiträge leisten konnten, erwartet man sich durch den Erwerb des Status einer internationalen Organisation Verbesserungen in der Finanzierung der Stiftung, ihres Gewichts und Ansehens. Die Beitragsleistungen der Mitglieder werden allerdings auch zukünftig auf freiwilliger Basis erfolgen.

Humanitäre Hilfe und EZA sollen substanziell aufgestockt werden

Mit Blick auf die von der Regierung geplante Migrationsstrategie wird mit breiter Mehrheit Außenminister Alexander Schallenberg der Rücken gestärkt. In einer Entschließung sprechen sich die Abgeordneten dafür aus, die Mittel für humanitäre Hilfe sowie bi- und multilaterale Entwicklungszusammenarbeit sobald wie möglich nachhaltig aufzustocken. Damit soll in der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) insbesondere den Ursachen von Flucht und Migration nachhaltig entgegengewirkt werden, beispielweise durch die Unterstützung des UNHCR für die von ihr betreuten Flüchtlingsquartiere in Krisenregionen sowie für die Schaffung legaler und sicherer Fluchtmöglichkeiten in die Nachbarstaaten. Demnach sollen humanitäre Prinzipien sowie die Menschenrechte als integrale Prinzipien beim internationalen Engagement Österreichs beachtet werden.

Zu diesem Tagesordnungspunkt entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Petra Bayr (SPÖ) anerkannte zwar die Steigerung der Mittel für die EZA, sie sind ihrer Ansicht aber zu gering. Würde man so fortfahren, würde das Ziel eines Anteils von 0,7% am BIP erst im Jahr 2092 erfolgen, rechnete sie vor. „Das ist nicht das Tempo, wie eine nachhaltige Entwicklungsfinanzierung aussehen könnte“, befand sie. Bayr hält auch eine Entschuldung für substantiell. Henrike Brandstötter von den NEOS sprach sich dafür aus, vor allem die Kreativität bei den jungen Menschen in Afrika zu fördern, denn das bringe dem Kontinent Innovation. Auch der Mandatar der Grünen, Michel Reimon, vertrat die Auffassung, dass die EZA ein Stiefkind der Politik sei. Die Mittel für die EZA werden aber nun jährlich erhöht, sagte er. Das sei eine „absolute Grundbedingung“ der Grünen in der Regierung, stellte er dezidiert fest.

Umfassende Kritik an der derzeitigen Entwicklungszusammenarbeit übte Axel Kassegger (FPÖ). Es könne nicht nur um mehr Geld gehen, meinte er in Richtung Petra Bayr, Ziel müsse es sein, dass die Mittel bei den Bedarfsträgern auch ankommen und Streuverluste zu vermeiden sind. Dabei sieht er noch viel Verbesserungspotential. Seiner Meinung nach sollte die Hilfe gezielter sein, sie dürfe auch nicht bedingungslos sein. Kassegger dachte dabei etwa an die Rücknahme von Flüchtlingen und an Korruptionsbekämpfung. Ihm zufolge sollte man auch die Militärausgaben mancher Entwicklungsländer hinterfragen, EZA sollte auch zu einer positiven bilateralen Wirtschaftsbeziehung führen. Kassegger trat zudem dafür ein, sich auf bestimmte Länder und auf bestimmte Inhalte, wie zum Beispiel Bildung, zu konzentrieren. EZA ist keine Einbahnstraße, so sein Resümee.

Für mehr Nachhaltigkeit in der EZA und eine gezieltere Vorgangsweise sprachen sich auch die beiden ÖVP-Mandatare Martin Engelberg und Nico Marchetti aus. Man müsse die Hilfe vor Ort stärken, sagte Engelberg, und den Fokus auf die Migration legen, damit sich die Menschen nicht auf den Weg machen müssen. Auch auf wirtschaftliche Kooperation, Demokratieentwicklung und Menschenrechte sollte mehr Augenmerk gelegt werden. Wie Marchetti hält er Bildungsprogramme für eine wesentliche Unterstützung. Marchetti unterstrich zudem die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit der jeweiligen Parlamente zu stärken.

Nationalrat setzt sich für Sofortmaßnahmen für Griechenland und Syrien ein

Der vom Außenpolitischen Ausschuss dem Plenum vorgelegte Entschließungsantrag zielt unter anderem darauf ab, die griechische Asylbehörde bei der Registrierung von Schutzsuchenden, der raschen Durchführung von Asylverfahren sowie bei der Betreuung der Menschen auf den Inseln zu unterstützen. Außerdem soll sich die Regierung auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass die 700 Mio. € Hilfe für Griechenland auch für die Stärkung des Flüchtlingsschutzes eingesetzt wird. Auf internationaler Ebene soll danach getrachtet werden, dass die syrischen Flüchtlinge in den Nachbarländern geschützt werden. Überdies wäre es wichtig, dass so bald wie möglich mit der Erarbeitung einer Migrationsstrategie begonnen wird. Die Initiative erhielt schließlich breite Unterstützung.

Die Entschließung basiert auf einem Antrag der NEOS, der im Ausschuss keine Mehrheit gefunden hat. Die NEOS pochen darin angesichts der katastrophalen Situation für die Zivilbevölkerung nach der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien auf eine schnellstmögliche Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds. Sie treten zudem für die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln für die Unterstützung von UNHCR, UNICEF und dem World Food Programme sowie für die Nachbarstaaten ein, die viele Flüchtlinge aufgenommen haben.

Mit einem kritischen Blick auf den Koalitionspartner und die Mehrheit des Nationalrats thematisierte Michel Reimon (Grüne) die verheerende Situation in den Flüchtlingslagern sowie die vielen Toten im Mittelmeer. Seine Fraktionskollegin Ewa Dziedzic betonte, dass der Antrag der Koalition konkreter sei als jener der NEOS. Die Mittel sollten nicht nur für den Grenzschutz, sondern auch für den Schutz von Flüchtlingen eingesetzt werden. Außerdem kündigte sie die Erarbeitung einer gesamtstaatlichen Migrationsstrategie an.

(Fortsetzung Nationalrat) jan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

———————————————————————

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.