Edtstadler: Strengere Strafen bei Gewalt gegen Frauen und Kinder und besserer Opferschutz | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Edtstadler: Strengere Strafen bei Gewalt gegen Frauen und Kinder und besserer Opferschutz

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Wien (PK) – Mit dem Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder befasste sich heute die Länderkammer im Rahmen einer Aktuellen Stunde, in der Staatssekretärin Karoline Edtstadler über die Pläne der Regierung in diesem Bereich informierte. Die von ihr geleitete Taskforce Strafrecht arbeite mit Hochdruck und werde noch im ersten Halbjahr 2019 einen umfassenden Gesetzentwurf vorlegen. Im Mittelpunkt der Maßnahmen, die gemeinsam mit über 100 ExpertInnen entwickelt werden, stehen dabei strengere Strafen, eine bessere Kooperation zwischen den involvierten Behörden und Organisationen, der Ausbau eines niederschwelligen Opferschutzes sowie eine verstärkte Täterarbeit. Einen einheitlichen Straftatbestand soll es auch gegen Hass im Netz geben, betonte die Staatssekretärin.

Kritik kam von Seiten der SPÖ und der Grünen. Bundesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) bezeichnete es als einen großen Rückschritt, wenn die sogenannten Fallkonferenzen – ein Instrument zur koordinierenden Vorgangsweise in Hochrisikofällen – eingestellt werden. Außerdem seien die budgetierten Mittel für Gewaltschutz und Gleichstellung mit 10 Mio. € limitiert; dies sei eindeutig zu wenig. Auch Ewa Dziedzic (Grüne/W) beklagte die Kürzungen bei verschiedenen NGOs. Edtstadler entgegnete, dass die Finanzierung der Opferschutzeinrichtungen gesichert sei, es werde nur über einen zielgerichteteren Einsatz der Mittel nachgedacht.

Vor Eingang in die Sitzung versammelten sich die BundesrätInnen zu einem gemeinsamen Foto im Plenarsaal, um noch einmal an die UN-Kampagne „Orange the World“ zu erinnern, an dem auch das österreichische Parlament teilnimmt. Bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, werden in diesem Sinne weltweit Gebäude in oranger Farbe beleuchtet. Gewalt gegen Frauen und Kinder sei allgegenwärtig und könne unabhängig vom Alter, vom sozialen Status oder vom Bildungsgrad alle betreffen, stellte Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska fest. Sie sei daher sehr froh darüber, dass heute auch der Bundesrat ein deutliches Zeichen gegen jegliche Form von Gewalt setzt.

ÖVP und FPÖ: Keine Kürzungen beim Gewaltschutz, Ausbau der Beratungsangebote und höhere Strafrahmen

Gewalt sei die größte Menschenrechtsverletzung, die dazu führe, dass die Frau vom Mann dominiert und diskriminiert wird, erklärte Bundesrätin Marianne Hackl (ÖVP/B). Dabei gehe es nicht nur um körperliche Gewalt, sondern auch um sexuelle und psychische Misshandlungen; aber auch Stalking sei ein Ausdruck von Gewalt. Viel zu lange wurden solche Übergriffe als Kavaliersdelikt gewertet, damit müsse endlich Schluss sein. Hackl wies darauf hin, dass jede dritte Frau in Österreich schon einmal Opfer von sexualisierter Gewalt war und dass jede fünfte in einer Beziehung lebende Frau von ihrem Partner misshandelt wird. Leider steigen die Zahlen generell an, allein im Burgenland haben im Jahr 2017 über 600 Frauen in Gewaltschutzzentren Schutz gesucht. Umso wichtiger sei es daher, dass die Finanzierung der Beratungs- und Interventionsstellen sowie der Frauenhäuser gesichert sei, unterstrich die Rednerin. Ministerin Bogner-Strauß habe bis 2022 zusätzliche 100 Plätze zugesichert. Auch Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) zeigte sich betroffen darüber, dass in Österreich jede fünfte Frau ab dem 15. Lebensjahr von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen ist. Für die Betroffenen sei es wichtig, dass sie wohnortnahe und kompetente Anlaufstellen vorfinden. Außerdem plädierte die Rednerin für eine Erhöhung der Strafen für Delikte gegen sexuelle Integrität und Selbstbestimmung.

Bundesrat Georg Schuster (FPÖ/W) wies darauf hin, dass in Wien im Jahr 2017 insgesamt 6.185 Opfer von Gewalt in Familien betreut wurden. Eine sehr hohe Zahl gebe es auch bei den Betretungsverboten (3.098), wobei die Bezirke Simmering, Landstraße und Ottakring an der Spitze der Statistik lagen. Zu denken geben müsse einem auch die Tatsache, dass ein Drittel der Täter aus Drittstaaten (vor allem Türkei, Afghanistan, Syrien, Nigeria und Serbien) kommen, zeigte Schuster auf. Dies sei seiner Meinung nach ein Beweis dafür, dass Gewalt teilweise aus anderen Ländern importiert werde. Gerade Wien sei aufgrund der hohen Mindestsicherung ein Magnet für Migranten und Asylwerber geworden, was sich u.a. auch im öffentlichen Raum bemerkbar mache. Einen rapiden Anstieg ortete Schuster auch bei sexuellen Gewalttaten, insbesondere seit dem Jahr 2015. Es sei daher begrüßenswert, dass die Regierung plane, höhere Mindeststrafen bei Sexualdelikten und bei Gewalt gegen Frauen einführen. Nicht richtig sei, dass die Mittel für den Gewaltschutz gekürzt werden, entgegnete Schuster. Die Gelder werden in Hinkunft nur zielgerichteter eingesetzt. Auch Monika Mühlwerth (FPÖ/W) wies darauf hin, dass jeder zweite ausgeforschte Vergewaltiger ein Ausländer ist. Diese Tatsache müsse auch die SPÖ zur Kenntnis nehmen.

SPÖ und Grüne beklagen Kürzungen bei Gewaltschutzvereinen und weisen auf strukturelle Probleme hin

Bundesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) bezeichnete es als traurige Realität, dass jede fünfte Frau zumindest einmal in ihrem Leben Opfer von physischer Gewalt ist. Der gefährlichste Ort für Kinder und Frauen sei dabei das „traute Heim“, also innerhalb der eigenen vier Wände. Nicht der mysteriöse Unbekannte im öffentlichen Raum stelle die größte Bedrohung dar, sondern der eigene Lebenspartner, zeigte Grossmann auf. Österreich habe in der Vergangenheit sehr viel im Bereich des Gewaltschutzes getan und wurde oft als internationales Vorbild angeführt.

Diesen eingeschlagenen Weg gelte es aber nun fortzusetzen und auszubauen, appellierte Grossmann, vor allem was die Prävention, die strafrechtliche Verfolgung von Tätern sowie die Erleichterung der Beweisführung durch die Opfer betrifft. Sowohl Opfer als auch Täter müssen umfassend betreut werden und dürfen nicht sich selbst überlassen werden, damit es nicht zu Wiederholungshandlungen kommt. Es sei daher äußerst bedauerlich, dass die sogenannten Fallkonferenzen, wo eine koordinierte Vorgehensweise zwischen SozialarbeiterInnen und Polizei besprochen wird, in Frage gestellt bzw. eingestellt werden. Außerdem komme es im Endeffekt auch zu Kürzungen beim Gewaltschutz, urteilte Grossmann. Weiters wünschte sie sich verstärkte Maßnahmen gegen Hass im Netz, um effizienter und rascher reagieren zu können. Gleichzeitig dürfe nicht vergessen werden, dass das Grundübel in den ungleichen Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen liege, die den Nährboden für jegliche Form von Gewalt darstellen.

Wolfgang Beer (SPÖ/W) und Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) übten deutliche Kritik an der Wortmeldung von Schuster, der sogar ein so wichtiges Thema wie Gewalt gegen Frauen und Kinder nutzt, um die übliche freiheitliche Ausländerdebatte zu führen. Im Besonderen befasste sich Gruber-Pruner mit den Schutz von Kindern, die den verschiedensten Formen von Gewalt ausgesetzt sind. Die Kinderrechte-Konvention habe klar festgelegt, dass Gewalt kein opportunes Erziehungsmittel ist und immer nur Gegengewalt auslöst. Dennoch gebe es regelmäßig Berichte darüber, was Kindern alles angetan wird, vom Verbrühen mit heißem Wasser bis hin zum Schütteln von Babys. Internationale Studien belegen auch, dass Österreich, was die Frage der Gewalt unter Kindern angeht, im Spitzenfeld liegt. Gerade Maßnahmen wie das Ausgrenzen von Kindern aufgrund bestimmter Merkmale, die Kürzung der Mindestsicherung oder das Einsperren von jugendlichen Asylwerbern hinter einem Stacheldraht tragen dazu bei, um die bestehende strukturelle Gewalt noch zu verstärken, beklagte sie.

Jede fünfte Frau in Österreich ist von körperlicher Gewalt betroffen, jede dritte von sexueller Gewalt und fast drei Viertel von sexueller Belästigung, wiederholte Ewa Dziedzic (Grüne/W) die erschreckenden Zahlen. Seit Anfang 2018 wurden bereits 32 Frauen ermordet. Überdies stehen zwei Drittel aller Anzeigen wegen Tötung, Körperverletzung, sexueller Übergriffe im Zusammenhang mit einer Beziehungstat; nur 15% davon münden auch in Urteilen. Dies dürfe nicht nur einmal im Jahr zum Thema gemacht werden, sondern permanent, forderte Dziedzic. Auch wenn sie das persönliche Engagement von Staatsekretärin Edtstadler schätze, so verstehe sie nicht, warum es zu Kürzungen bei diversen Organisationen, Seminaren oder Gewaltschutzprojekten komme. Als Beispiel führte sie den Verein „One Billion Rising“ an, der eine ganz wichtige Arbeit leistet.

Edtstadler für Anpassung der Strafgesetze, frühzeitige Prävention, mehr Opferschutz und Täterarbeit

Sie stehe für Nulltoleranz gegenüber jeglicher Form der Gewalt an Frauen und Kindern, unterstrich Staatssekretärin Karoline Edtstadler, und es sei ihr dabei egal, ob die Täter männlich oder weiblich, Österreicher, EU-Bürger oder Ausländer sind bzw. aus Drittstaaten kommen. Auch das Innenressort nehme an der U N-Kampagne „Orange the World“ teil, informierte sie. So finde man etwa auf der Facebook-Seite des Bundeskriminalamts jeden Tag Tipps für Betroffene. Durch den Einsatz von PräventionsbeamtInnen, die Workshops an Schulen abhalten, sollen zudem die Jugendlichen frühzeitig darüber informiert werden, was Gewalt bedeutet und welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt.

Bedauerlicherweise gebe es eine alarmierende Entwicklung bei der Anzahl an Morden von Frauen durch Männer sowie bei den Sexualdelikten, von denen allein im Jahr 2017 3.900 Frauen betroffen waren. Die von ihr geleitete interdisziplinäre Taskforce befasse sich daher genau mit diesen Fragen und arbeite an Vorschlägen, die auf strengere Strafen sowie einen besseren und niederschwelligen Opferschutz abzielen. Erst wenn die betroffenen Frauen darauf vertrauen können, dass sie gehört und ernst genommen werden, wenden sie sich an die Behörden und Beratungsstellen, war Edtstadler überzeugt. Und nur dann könne es gelingen, die extrem hohe Dunkelziffer in Bezug auf häusliche Gewalt zu verringern. Gleichzeitig trat sie für eine aktive Täterarbeit ein, denn Wegweisungen alleine können nicht die Lösung sein.

Was die Kritik an der Beendigung des Projekts MARAC betrifft, also die sogenannten Fallkonferenzen, so machte die Staatssekretärin darauf aufmerksam, dass alle positiven Erfahrungen, die daraus gezogen wurden, in die Überlegungen der Taskforce einfließen. Zudem gab sie zu bedenken, dass diese Konferenzen oft erst Wochen nach den Vorfällen stattfanden. Bei Wegweisungen etwa sei es aber von besonderer Bedeutung, dass die Polizei die Gefährdungslage so rasch wie möglich einschätzen kann und über ausreichende Informationen verfügt. Dafür wolle man in Hinkunft die entsprechenden rechtlichen Grundlagen schaffen.

Ein weiteres wichtiges Anliegen war ihr der Kampf gegen Hass im Netz, von dem ebenso in erster Linie Frauen betroffen sind. Auch in diesem Bereich müsse ein einheitlicher Straftatbestand eingeführt werden. Täter sollen möglichst früh und einschneidend bestraft werden. Damit Betroffenen rasch und effizient geholfen werden kann, soll eine Hotline eingerichtet werden, die nicht nur rechtliche und psychosoziale Unterstützung anbietet, sondern auch technische Hilfe. Ein einziges diskreditierendes Bild im Netz reiche oft aus, um das Leben eines Menschen stark zu verändern. Generell gelte es, die Strafgesetze auf den Stand des 21. Jahrhunderts zu bringen. (Fortsetzung Bundesrat)sue

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